Sehr viele Menschen kommen irgendwann einmal an den Punkt, wo sie ihre Paarbeziehung hinterfragen. Oft nur aus einem mulmigen Gefühl heraus, dass etwas nicht ganz richtig ist, manchmal, weil einem der andere zunehmend auf die Nerven geht oder auch weil man sich innerlich weit entfernt fühlt von seinem Partner.
Gründe gibt es viele und sie haben viel mit unserem unbewußten Denken, Fühlen und Handeln zu tun und wie unser Partner darauf reagiert. Es verlangt von jedem ein hohes Maß an Achtsamkeit sich selbst gegenüber. Denn das Problem des einen ist auch das Problem des anderen.
Eine Beziehung braucht Bindung und Autonomie, braucht Wurzeln und Flügel zugleich. Eine Beziehung braucht sowohl Verlässlichkeit und Struktur als auch Flexibilität und Spontanität. Hans Jellouschek hat das sehr schön in einem Polaritätsmodell dargestellt:
Diese Bedürfnisse sind gegensätzlich, aber in einer gesunden Beziehung durchaus vereinbar. Liebe bleibt nur dann lebendig, wenn sich die Partner nicht polarisieren, die Gefahr liegt in der Polarisierung. Wenn beispielsweise ein Partner sehr großen Wert auf Nähe liegt aber dem anderen keinen Freiraum für eigene Aktivitäten gibt, dann fühlt sich der andere womöglich eingeengt und wird sich irgendwann seinen Ausweg aus der Umklammerung suchen.
Das gleiche gilt für ein gesundes Verhältnis von Struktur (Dauer) und Spontanität (Wechsel).
Klarheit in den Strukturen, Plänen und Aufgaben sind gut und wichtig, aber ebenso braucht es das spontane umwerfen aller Pläne sowie flexible Anpassungen des geplanten.
Alle diese Bedürfnisse sind notwendig und wichtig, wir müssen nur herausfinden, was dem anderen wichtig ist und wie wir das mit unseren Bedürfnissen in eine Balance kriegen.
Eine Balance herstellen meint nicht, dass wir nun Buch darüber führen und gegeneinander aufrechnen, was wir für den anderen getan oder nicht getan haben. Es mag durchaus gut funktionieren, dass ein Partner sich um die tägliche Organisation des Haushalts kümmert und der andere um die Finanzen, aber jeder sollte in der Lage sein, informiert und wissend an die Stelle des anderen zu treten.
So weit das Ideal 🙂
Aber wenn es dann doch nicht so ideal läuft in der Beziehung dann mag es hilfreich sein, sich diese Fragen zu stellen und auch ehrlich für sich zu beantworten:
- Willst du in dieser Beziehung leben, ohne Bedingungen zu stellen, egal unter welchen Umständen?
- Fühlst du dich in körperlicher Nähe uneingeschränkt wohl in dieser Beziehung?
- Fühlst du dich in dieser Beziehung gebunden und frei zugleich, d.h., ist dein Bedürfnis nach Geborgenheit und Freiheit ausgewogen?
- Erfährst du genügend Unterstützung für dich und bist du in der Lage Unterstützung zu geben? Wie steht es hier um die Balance?
- Welche Impulse, Gefühle, Gedanken löst dein jetziger Partner bei dir aus?
- Was passiert oft, wenn du deine Impulse, Gefühle, Gedanken äußerst?
- Wie oft tust du etwas ihm zuliebe?
- Wie oft tut er etwas dir zuliebe?
- Könnt ihr einander verzeihen?
- Was ist für dich die Herausforderung in dieser Beziehung?
Sich diese Fragen zu beantworten ist möglicherweise nur ein erster Schritt, eine Paartherapie könnte ein zweiter sein, falls man nicht zu einer Lösung findet.
Ich hab das hier mal so ausführlich aufgeschrieben, weil es gerade im Bekanntenkreis thematisiert wurde. In meiner Beziehung ist alles sehr schön 🙂