Ich tu mich ja immer ein bißchen schwer damit so viel Aufwand für nur ein Reiseziel zu betreiben. Aber diesmal war es mir nicht anders möglich und so ist es nur eine knappe Woche für die Reise zu den Pyramiden geworden.
Mehr oder weniger per Zufall, hab ich ein kleines Gästehaus/Hotel direkt in der Nähe der Pyramiden gebucht. Ich bin spät abends angekommen und als ich am nächsten Morgen zum Frühstück auf die Dachterrasse ging hat mich der Anblick der Pyramiden schlicht umgehauen. Da waren, direkt vor mir die Sphinx und die Pyramiden. Irgendwie war das völlig surreal anzuschauen, da liefen Kamele und Pferde durch die Wüste, und es war (noch) relativ still.
Ich hatte nix vorab reserviert, keine geführte Tour gebucht (mag ich sowieso nicht), keine Tickets gekauft. Ich wollte mich einfach ins Getümmel stürzen. Und das war es dann auch, ein lautes Getümmel vor dem Ticketschalter. Zwar haben irgendwelche Aufsichtskräfte versucht, die Reihen zu ordnen, aber das kam immer schnell wieder durcheinander weil sich permanent Einheimische vorgedrängelt haben, und das auch geduldet wurde, um schnell ein paar Tickets zu kaufen, die sie dann ein paar Meter weiter mit einem Aufschlag an Touristen, die sich nicht anstellen wollten, weiterverkauft haben.
Für ägyptische Verhältnisse ist der Eintrittspreis relativ mit ca. 50€ hoch, aber das ist wohl so bei einem Unesco Weltkulturerbe. Dafür hätte ich mir allerdings auch einen Plan oder ein Broschüre gewünscht. Informationsmaterial gab es nirgendwo, egal welche Sehenswürdigkeit ich besucht habe. Das hat Methode, denn schließlich soll man sich ja vor Ort ein Guide buchen. Ich habe bei einigen Führungen gelauscht, und teilweise war das ganz fürchterlich anzuhören. Aber glücklicherweise gibt es ja das Internet ;-)
Viele Reiseführer geben an, dass man die Anlage mit ihren Tempeln und Pyramiden in zwei bis drei Stunden besichtigen kann. Ich brauchte den ganzen Tag.
Die Pyramiden sind beeindruckend. Ich kann es nicht wirklich erahnen, wie riesige Sandsteine und Granitblöcke von 2,5 Tonnen vor 2500 Jahren aufgestapelt wurden, und das in bis zu 23 Reihen von innen nach außen. Man hat ein paar an die Wände gekritzelte Skizzen gefunden, aber so richtig weiß man das ja bis heute nicht, wie die Pyramiden gebaut wurden. Die Genauigkeit ist frappierend. Auf einer Seitenlänge von ca. 230 Metern gibt es nur eine Abweichung von 4,4 cm, in der Höhe beträgt die Differenz nur 2,1 cm! Es dürfte auch heute noch eine Herausforderung sein, so genau zu bauen.
In die größte, die Pyramide von Khufu (oder auf griechisch Cheops) kann man bis in die obere Kammer hinaufsteigen. Der Gang ist sehr schmal und sehr niedrig, für einige Besucher eine echte Herausforderung.
Überall stehen, sitzen oder laufen ein paar Wächter rum, die darauf achten sollen, dass niemand auf die Pyramiden klettert oder in den Ruinen herumläuft. Aber das wird ziemlich oft ignoriert, denn Hinweisschilder sind selten. Ich bin auch auf einen Berg gestiegen, wo ich sofort von einem Wächter runter gepfiffen wurde, nur damit er mir einen anderen Weg auf den selben Berg zeigt (das beste Photomotiv!) um mir dann sogleich ein paar Euros dafür abzunehmen. Da muß man verdammt aufpassen, solche “Fallen” lauern überall. Irgendwie verstehe ich die Leute ja auch. Die Bezahlung ist lausig, und es tut den meisten Touristen auch nicht weh, 1,2 Euros für ein paar Tips zu bezahlen. Aber ich fand es ganz schön nervig.
Einer der Ticketkontrolleure hat mir erzählt, dass er einen Master in ägyptischer und arabischer Geschichte hat und nun am Eingang die Tickets kontrolliert. Er verdient umgerechnet 148 € im Monat und versucht auf diese Art noch etwas nebenbei zu verdienen, ich solle ihm nicht böse sein. Sein Kollege, der nicht studiert hat aber ein guter Bekannter seines Chefs ist, verdient mehr als er. Viel hängt von persönlichen Beziehungen ab, sprich, man wird schon beinahe automatisch korrupt.
Das alte Ägyptische Museum ist ein Muß wenn man mehr über die Geschichte der Pharaonen lernen will. Es ist eine Ausstellung über die doch sehr spezielle Begräbniskultur dieser Dynastien. Die Pharaonen und andere berühmte, mächtige Menschen haben schon zu Lebzeiten für ihr Leben im Jenseits vorgesorgt. Sie haben sich Grabhäuser bauen lassen, in deren Wänden religiöse Szenen, Göttersymbole und die Lebensgeschichte eingeritzt und gemalt wurde. Je bedeutender die Person, desto größer der Bau. Er diente als Begegnungsstätte für die Überlebenden um dem Verstorbenen zu gedenken. In einer Seite des Raums befand sich eine Scheintür, eine große Steinplatte, oft verziert mit Inschriften oder Malerei, durch die der Verstorbene ins Jenseits gehen und mit seinen Verwandten Kontakt aufnehmen konnte.
Bedeutende Personen wurden einbalsamiert und trugen eine Totenmaske. Diese Maske sollte der Person ähnlich sehen, damit die Götter sie im Jenseits auch erkennen.
Sie wurden dann in mehrere prächtige Särge (ein innerer, ein mittlerer, ein äußerer) in die Grabkammer gelegt. Dem Toten wurden einige nützliche Dinge wie Geschirr, Essen, Schmuck mit ins Grab gelegt, damit er im Jenseits sein gutes Leben weiterführen kann.
Es gibt unzählige Statuen, Fresken, Särge, Mumien zu sehen. Die Highlights sind die Gräber des Tutenchamun und Psusennes.
Das ist alles eine ziemlich krasse Nummer.
Kairo ist ein Moloch, einen riesige Stadt, laut, schmutzig, chaotisch, arm und reich. Der Verkehr ist unbeschreiblich, die Luftverschmutzung enorm. Gefahren wird dort, wo Platz ist, Richtung egal, Hauptsache man kommt vorwärts. Angesichts dessen erscheinen mir europäische Diskussionen um Elektroautos absurd.
Das koptische Viertel ist interessant, ebenso die el Moez Strasse, der Basar und auch die Gartenstadt mit ihre kolonialen Gebäuden.
Es lohnt sich die Stadt zu Fuß zu erkunden, abseits der touristischen Sehenswürdigkeiten.Mir hat sich buchstäblich der Magen umgedreht zu sehen, wie vernachlässigt die Gebäude sind, wie Menschen dort leben. Das Land hat große wirtschaftliche Probleme, die teilweise den politischen Abhängigkeiten und Einflüssen geschuldet sind.
Das Foto zum Artikel hab ich in einer Kunstgalerie gemacht und es zeigt meiner Meinung nach symbolhaft die Zerrissenheit eines großen Teils der Bevölkerung.
Die Menschen sind wütend wegen des Kriegs von Israel in Gaza, darauf, dass die arabischen Länder sich nicht einig und dadurch schwach sind, wütend auf den Westen, der nur an seinen Vorteil denkt und alle gegeneinander ausspielt. Dies ist die kurze Zusammenfassung einer emotionalen Diskussion mit ein paar Studenten.