Wir haben endlich mal wieder eine Reise gemacht:-)
Die Corona Pandemie hatte unsere Reisepläne ja gehörig durcheinander gebracht, alle für das vergangene Jahr geplanten Reisen konnten wir nicht antreten, konnten unsere Familie und Freunde nicht besuchen. Bis auf einen kleinen Abstecher in unsere Umgebung (Cahors, Saint Cirque de Lapopie, Conques, Rodez und Arles) im Juni, blieben wir zu Hause. Wo es zugegebenermaßen auch sehr schön ist, aber ich fühlte mich schon ein wenig "ausgetrocknet" und brauchte mal einen Ortswechsel.
Also haben wir uns auf den Weg gemacht, haben in drei Wochen fünf Länder durchquert und einige sehr schöne Orte und nette Leute sowie Freunde und Familie besucht.
Entlang der Küste sind wir am ersten Tag bis St. Tropez gefahren. Da war ich vor ungefähr 20 Jahren das letzte Mal und wollte mal wieder gucken, wie es nun dort ausschaut. Ab Marseille ist eigentlich alles zugebaut, ein riesiger Siedlungsteppich der sich bis auf die Hügel hinauf erstreckt. An der Küste gibt es, außer an den Stränden von Cannes und Nizza, kaum einen freien Zugang zum Meer.
Die Stadt mit ihren alten Gassen ist natürlich noch immer sehr schön, alles ist ein wenig reicher und etablierter, sämtliche Luxusmarken haben dort ihre Boutiquen. Die Uferpromenade ist inzwischen eine Fußgängerzone, gesäumt von Kaffees und Restaurants aus denen heraus man das bunte Treiben gut beobachten konnte. St. Tropez ist noch immer ein Platz "to show off", wo Mann bei Dior im Garten bei Champagner angenehm ausruhen kann während die Frau einkauft. Wohlgemerkt, das haben wir beobachtet, dort saßen wir nicht ;-)
Die dichte Besiedlung endet auch nicht an der Grenze zu Italien, das geht so weiter an der gesamten Ligurischen Küste, wenn auch nicht ganz so mondän wie an der Côte d'Azur. Aber die Küstenlandschaft ist sehr schön und ja, das Meer ist azurblau.
In San Remo haben wir das alte Grand Hotel wiedergefunden, wo wir vor ein paar Jahren mal übernachtet hatten. Damals stand es kurz vor der Schließung um saniert zu werden und einzig der Frühstücksraum strahlte noch die alte Grandezza vergangener Zeiten aus. Inzwischen ist das Haus renoviert worden und sieht wirklich sehr schön aus.
Unser nächster Stop war in Savona, keine aufregende, eher eine normale Stadt, etwas verschlafen, aber sehr sympathisch, lecker Essen. Im dortigen Hafen werden übrigens die Autos aus den Fiat Werken Turins und Kreuzfahrttouristen in die Welt verschifft.
Venedig war unser nächster Stop für ein paar Tage. das ist eine der Städte, die ich immer mal wieder besuchen muß, vorzugsweise im Herbst, da ist das Licht so schön melancholisch. Außerdem sind dann weniger Touristen in der Stadt. Die großen Kreuzfahrtschiffe sind nun endlich auch aus der Lagune verbannt und es ist einfach so wunderschön durch die Gassen der Stadt zu laufen.
Ein besonderes Erlebnis war der Besuch im Murano Glas Museum und der anschließende Besuch der alten Glasmacherwerkstätten. Die hatte es während der Pandemie allesamt ziemlich gebeutelt, mußten sie doch ihre Manufakturen und Geschäfte komplett schließen. Die Glasmacher leben auch heute noch zum großen Teil von Laufkundschaft und ihr Kundenstamm wird händisch gepflegt. Das mit dem Internet ist so eine Sache, sie haben am Liebsten direkten Kontakt zu ihren Kunden. Das hat mich zwar etwas überrascht und natürlich dachte ich sofort, aber wenn ihr eine mehrsprachige Website mit Shop hättet, dann könntet ihr doch viel mehr in alle Welt verkaufen und wäret auch unabhängiger von solch unvorhersehbaren Ereignissen wie einer Pandemie....Aber anderseits ist es auch so viel schöner vor Ort zu sein, mit den Glasmachern zu reden und sich die Produkte ihrer Arbeit live anzuschauen und eventuell etwas zu kaufen. Das ist ein viel persönlicheres, schöneres Erlebnis.
Die diesjährige Biennale Architettura di Venezia mit ihrem Thema "How will we life together?" hat uns wieder ein wenig zurück in die raue Wirklichkeit geholt. Zu sehen sind sehr technische Lösungsansätze (in den Hallen des Arsenale, die mir teilweise wie eine Präsentation verschiedener Start-ups bzw. Produktentwicklungen großer Unternehmen erschienen) aber auch Ideen und Projekte mit einem starken sozialen Fokus. Besonders gefallen haben mir die Projekte der
- Schweiz - Erfahrungen von Menschen die in Grenzregionen leben
- Japans - in Einzelteile zerlegte alte Häuser die auf der Biennale wieder aufgebaut werden sollten um alte Techniken zu verstehen
- Polens - wie ländliche Gebiete durch die Wiederherstellung öffentlicher Räume revitalisiert werden können
- Rumäniens- Aufzeichnungen über ihr Leben von in westliche EU-Länder ausgewanderten Rumänen
- Frankreich - ein Video wie Menschen in einem Hochhausblock in Vietnam leben
- Brasilien - ein Interview mit einem Architekten, dessen Namen ich vergessen habe, aber O-Ton war: renoviert mit einfachen Mitteln gemeinsam alte Häuser um einen Platz zum leben zu haben
Wir hatten wenige feste Termine und Ziele auf dieser Reise, aber wir mußten zu einem bestimmten Zeitpunkt in Deutschland sein.
Also fuhren wir von Venedig weiter gen Norden und endeten in einem wundervollem Ort namens Rosegg bei der ebenso wundervollen Familie Steiger. Die hatten sich ein altes Gehöft gekauft, begonnen es zu restaurieren und ein Nebengebäude in Ferienappartements verwandelt. Unsere Frühstücke dehnten sich zu langen Gesprächen über alte Häuser, die Arbeit, das Kochen und das Lebens an sich aus.
Wir haben uns Villach und Klagenfurt, Velden am Wörthersee (völlig zugebaut) und auch Hallstadt (sehr pittoresk) angeschaut bevor wir auf dem Weg nach Karlovy Vary in České Budějovice Station gemacht haben. Der Aufenthalt dort war eindeutig zu kurz, diese schöne, niemals zerstörte, zum Teil noch mittelalterliche Stadt, müssen wir uns nochmal genauer anschauen.
Karlovy Vary ist echt eine Perle! Diese mittlerweile komplett restaurierte Kurstadt beeindruckt vor allem durch die unzähligen Häuser und Hotels im Jugendstil. Dort befindet sich auch die Glasfabrik Moser, deren Museum wir uns natürlich angeschaut haben.
Wir hatten zu wenig Zeit um diese Stadt und Umgebung zu erkunden und wollen deshalb im nächsten Frühling nochmal länger dahin.
Finalemente Deutschland. Erst Familientreffen, dann Köln. Zwar wollten wir wie Touristen die Stadt erkunden, aber wir sind einfach nur so durch die Strassen gelaufen und in einem Baumarkt (!) und Buchläden versackt.
Eine Bekannte hatte uns eingeladen ein paar Tage mit ihr in ihrem Haus in Paris zu verbringen und das haben wir dann auch gemacht. Wir sind drei Tage durch Paris gelaufen und waren wieder verzaubert von dieser Stadt. Es gibt mittlerweile mehr Fußgängerzonen, mehr elektrische Busse, Scooter und Autos, 30km/h Zonen und viele Bemühungen die Stadt umweltfreundlicher zu machen.
Wir haben uns das neue Samaritaine angeschaut welches der LVMH Group gehört, von ihr restauriert und erweitert wurde. Es ist mehr als ein Kaufhaus, es ist eine Art offline Plattform des Konzerns, mit einem Hotel und einigen Appartements. Die Architektur ist wirklich beeindruckend, die meisten Leute sind nur deswegen in das Gebäude gegangen, an den Verkaufsständen waren kaum Kunden. Eine Nachbarin unserer Bekannten war in ihrem Urteil über das Kaufhaus ziemlich vernichtend: das ist nur etwas für Reiche und nichts für die Einwohner von Paris.
Nach Paris haben wir uns dann so langsam, mit ein paar Zwischenstops, auf den Heimweg gemacht. Ein Stop war in Chartres. Dort gibt es eine sehr alte gotische Kathedrale aus dem 12. Jahrhundert, es soll die schönste Frankreichs sein. Die Kathedrale hat die Bombardierung der Stadt durch die Deutschen im Mai 1944 fast unbeschadet überstanden, die Stadt selbst ist jedoch ein wenig tragisch. Sie hat noch immer einen relativ gut erhalten Kern mit zahlreichen Gebäuden im normannischem Stil, aber viele davon wurden (vermutlich) in den siebziger Jahren mit viel Betonputz zu Tode renoviert. Man könnte die Stadt eigentlich wieder sehr schön machen, aber das kostet....
Letzter Stop auf unserer Reise war Vichy. Da wollte ich schon immer mal hin, denn es ist eine alte Kurstadt (gehört seit diesem Jahr zur Unesco Liste bedeutender Kurstädte Europas) und war Sitz des sogenannten Vichy Regimes unter General Petain. Dass ausgerechnet Vichy Regierungssitz wurde hatte ganz einfache Gründe: Die Stadt verfügte über ausreichend Hotelkapazitäten für die Unterbringung der Regierungsangehörigen (in der Diskussion waren auch Lyon, Bordeaux, Montpellier und Perpignan), eine gute Zugverbindung nach Paris und das ländliche Umland mit seiner Landwirtschaft konnte die Verpflegung sichern. Die Einwohner Vichys distanzieren sich bis heute von der Nutzung des Namens ihrer Stadt als Bezeichnung für die Regierung unter Petain und bestehen auf der offiziellen Bezeichnung L'Etat Francais.
Ehrlich gesagt war ich nicht erpicht darauf länger in der Stadt zu verweilen, obwohl sie eigentlich ganz hübsch ist, aber es riecht dort dann doch ein wenig unangenehm nach den Thermalquellen.
Das war eine aufregende und sehr interessante Reise.
Der Umgang mit der Pandemie war in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich, klar und strikt in Frankreich und Italien, relativ strikt auch in Österreich und der Tschechischen Republik, in Deutschland in jedem Bundesland anders und somit etwas verworren.
Deutschland ist ein sehr reiches Land.
Die Menschen in den beiden mediterranen Ländern haben einen gelasseneren Umgang miteinander, in Deutschland ist alles etwas akkurater und es wird streng nach Vorschrift agiert.
Überall waren die Menschen sehr freundlich.
Ich habe meinen Kopf mit so vielen Bildern, Farben, Gesprächen und Eindrücken vollgestopft, dass ich gut ein paar Wochen bis zur nächsten Reise überlebe ;-)