It takes courage to be who you really are.
E.E. Cummings
Erwachsen werden ist ein Prozess, unabhängig vom Alter und nicht immer leicht. Erwachsen sein bedeutet, die Konsequenzen des eigenen Handelns zu überschauen und die Verantwortung dafür übernehmen. Das heißt auch, dass man sich seiner selbst gewahr ist, dass man seine Emotionen und deren Auslöser kennt und trotzdem in der Lage ist, rationale Entscheidungen zu treffen.
Klingt einfach, aber manchmal bestimmen erlernte Muster unser Handeln und wir reagieren dann nicht erwachsen. Unsere Reaktionen passen nicht zum Hier und Heute, sondern wir reagieren emotional auf etwas in der Vergangenheit liegendes. Das passiert unbewußt, es braucht nur eines bestimmten Auslösers, dem zu begegnen wir in frühester Kindheit erlernt haben.
Den Beziehungen zwischen Eltern und Kind kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Von unseren Eltern übernehmen wir mehr oder weniger automatisch Werte und Moralvorstellungen, passen uns daran an oder lehnen sie ab. Manchmal können unsere Reaktionen sehr einschränkend für uns selbst sein, beispielsweise wenn man trotzig etwas ablehnt, ohne zu prüfen ob das in der aktuellen Situation sinnvoll wäre, nur weil es die Mutter oder der Vater gesagt haben.
Ich wurde selbst vor vielen Jahren, im Rahmen meiner Ausbildung zur Transaktionsanalytikerin, über das Verhältnis zu meinem Vater supervisiert, da ich dieses damals als für mich sehr schwierig erlebt habe. Mir hat diese Analyse geholfen, mein Verhältnis zu meinem Vater und im weiteren auch zu meiner Mutter, zu klären und erwachsen zu reagieren.
In den letzten Wochen ist mir dieses Thema bei verschiedenen Diskussionen mehrmals über den Weg gelaufen und so möchte ich hier ein paar Ideen weiter geben, wie man sein Verhältnis zu seinen Eltern für sich klären kann.
Dies zu tun hat Bedeutung für unser Selbstwertgefühl, für den Umgang mit eigener und fremder Autorität, Partnerschaft und Erziehungseinstellungen.
Ich halte es für eine gute Idee, diesen Prozeß mit jedem Elternteil getrennt zu durchlaufen.
Was war gut an meinem Vater? (Aufzählung, ohne Wertung)
→ Habe ich davon etwas übernommen?
Was waren seine Lebensleitsätze?
→ Gibt es Widersprüche zwischen dem, was er gesagt hat und dem, was er getan hat?
Was hat ihn geprägt?
→ Was hat das mit mir gemacht?
Welche Lebensleitsätze habe ich übernommen?
→ Was ist daran gut, nicht so gut?)
Schreib eine Anklageschrift und lies sie laut:
→ Was hast du mir genommen?
→ Was schuldest du mir?
→
Als guter Vater hättest du..…
Am Ende, formuliere den Schaden der dir entstanden ist.
Stell dir vor, du triffst auf deinen Vater. Er ist nun ein alter Mann. Was würdest du ihm sagen, was ihn fragen?
Kann er den dir entstandenen Schaden wieder gut machen?
Kannst du Abschied von diesem Vater nehmen, der dir den Schaden zugefügt hat?
Kannst du dich auf deinen Vater im Hier und Heute neu einlassen?
Achtung: das ist kein Rezept, in manchen Fällen mag es durchaus besser sein, sich professionelle Hilfe zu suchen.