Wir wohnen da, wo andere Urlaub machen. Entsprechend voll ist es hier auch momentan und eigentlich, wollten/sollten auch wir einfach nur Urlaub machen.
Aber wie so oft, haben wir dermaßen viel zu tun, dass wir es nur zwei-dreimal die Woche für kurze Zeit an den Strand schaffen.
Ja ja, das liegt an uns selbst und wir könnten das auch selber ändern, aber irgendwie kriegen wir das im Kopf nicht hin 😉 Noch nicht. Heute Morgen haben wir das Jahr 2024 zum Trödeljahr erklärt, bis dahin wollen wir alles fertig gebaut haben.
Vergangene Woche hab ich mal wieder gemauert. Die große Trennwand, die verstärkt werden muß durch eine stabile Steinmauer aus Ziegelsteinen. Jetzt bin ich endlich in der letzten Etage angekommen und muß schätzungsweise nur noch 300 Steine vermauern. Das ist echt schwere Arbeit, jeder Stein wiegt 8 kg, dazu muß ich noch den Mörtel anrühren und das Material dahin tragen wo ich es brauche. Am Anfang geht das ja noch, aber so ab der fünften Reihe muß ich aufs Gerüst klettern. Das hält zwar fit, aber ist auch ziemlich anstrengend. Ich hoffe, dass ich die Mauer bis Ende nächster Woche fertig bekomme.
Mauern selber ist jetzt nicht so eine geistige Herausforderung, aber dafür kann ich dabei so wunderbar nachdenken:
Über das Alter
Mittlerweile brauche ich eine Brille, um mich zu schminken und dabei sehe ich plötzlich all die vielen kleinen Falten in meinem Gesicht und an meinem Körper.
Dabei habe ich doch fast 40 Jahre gebraucht um mein Äußeres zu mögen und jetzt sind die Haare grau und ich hab überall Falten. Das sind, zugegebenermaßen relativ geringfügige Probleme, denn es geht mir gut, ich bin fit, gesund und glücklich und kann machen was ich will 🙂
Allerdings überlege ich mir schon, ob ich in 20 Jahren noch immer so leichtfüßig alle Treppen in unserem Haus hoch und runterkomme oder ob es nicht vielleicht besser wäre, wenn wir uns ein ebenerdiges Haus bauen. So ein richtig modernes, abgedrehtes, gut in die Gegend passendes Haus mit großem Garten direkt vor der Tür wo ich dann bis ins hohe Alter rumwerkeln kann. Aber das braucht mindestens die nächsten 6-8 Jahre, bis alles so ist, wie wir das haben wollen.
Wäre es dann nicht besser, einfach das Leben in unserem jetzigen, sehr schönen Haus und Garten zu genießen, zu reisen und all die Dinge zu bauen, die ich schon immer mal bauen wollte? Wenn ich (wir) dann tatsächlich, so ab 80 die Treppe nicht mehr steigen kann, dann können wir die Hütte ja immer noch verkaufen und woanders hinziehen.
Über den Tod
In den letzten Wochen sind ein paar ältere Leute hier aus Fitou “verschwunden”. Die meisten haben allein gelebt, sind schon sehr alt und zunehmend gebrechlich geworden. Ich konnte sehen, wie es für sie immer schwieriger wurde allein zurecht zu kommen. Und irgendwann ging es nicht mehr und sie mußten dann in ein Pflegeheim gehen. Keiner von den alten Leuten wollte jemals in ein solches Heim, aber keiner aus deren Familien ist in der Lage, immer bei ihnen zu sein, so dass die Unterbringung in ein solches Heim unumgänglich schien. Und da sind sie jetzt und leben, aber eben auch nicht mehr wirklich.
Für alle Beteiligten ist das eine schwierige und traurige Situation und jeder sagt, so möchte ich nicht mein Leben beenden. Aber wie dann? Ich meine, man kann ja nicht einfach so beschließen: so, jetzt ist es genug, jetzt will ich sterben und dann ist es vorbei. Ein selbstbestimmter Tod ist gesellschaftlich nicht wirklich akzeptiert, zumindest hier nicht. Das ist ein schwieriges Thema.
Ich hoffe, dass mir so etwas nicht passiert und ich in der Lage sein werde, mein Lebensende selbst zu bestimmen.
Über Orwellsche Umdeutungen
Mir fällt auf, dass, wenn ich mit anderen diskutiere, vielen Worten heute eine andere Bedeutung gegeben wird, als früher (als ich noch jung war). Ein solcher Begriff ist Vertrauen.
Es gibt eine Menge Leute, die glauben, dass man mit perfekt logischen, technischen Abläufen alle Risiken ausschalten und somit das Vertrauen der Anwender/Benutzer gewinnen kann. Das meint, man soll technischen Abläufen, Algorithmen vertrauen. Selbst wenn man alle Parameter gemessen, eingestellt und berechnet hat, bleibt doch immer noch das Risiko, dass etwas unvorhergesehenes, durch menschlichen Einfluß hervorgerufenes, geschieht.
Vertrauen hat meiner Meinung nach, etwas mit menschlichem Verhalten zu tun und es kann niemals hundertprozentig berechnet werden. Wem ich heute vertraut habe, dem kann ich doch nicht morgen ebenso blindlings vertrauen, sondern muß doch immer wieder meine “Parameter” überprüfen und mich neu entscheiden, ob ich vertraue. Das ist doch eigentlich unkalkulierbar, und hängt immer vom sozialen Verhalten der beteiligten Personen ab, oder?
Hagen liest gerade das Buch “Vertrauen” von Luhmann und mir daraus vor und natürlich diskutieren wir intensiv darüber. Luhmann schreibt, dass Vertrauen letztlich auf Täuschung beruht, denn man kann eben Entscheidungen nicht zu Hundertprozent rational treffen, sondern da gibt es immer einen unkalkulierbaren, schwer zu definierenden Einfluß, der uns letztlich entscheiden läßt. Man kann das Intuition nennen, oder das bewußt-unbewußte, was wir irgendwo tief in uns gespeichert haben. Eine Täuschung ist es vielleicht dann, wenn wir nicht das gewünschte Ergebnis erhalten, unser Vertrauen also nicht gerechtfertigt wurde. Dann müssen wir uns ent-täuschen.
Irgendwie ist das Thema noch nicht rund für mich, mal sehen, wie es bei Luhmann weiter geht.
Das sind schwere, aber interessante Themen. Ich muß jetzt unbedingt an den Strand und erstmal eine Runde Wellenschlaf machen.