New York, zum ersten Mal. Ich bin sehr aufgeregt und neugierig auf diese Stadt!
Mit einem nagelneuen Airbus flieg ich von Paris nach NYC. Der Flug ist sehr angenehm, auch, weil der der Fieger nur zur Hälfte belegt ist, so dass ich gut schlafen kann.
Wir landen 18.oo Uhr auf dem JFK Airport. Für die Einreise mußte ich schon auf elektronischem Wege ein Visa beantragen und dann nochmal auf dem Airport verschiedene Papiere ausfüllen, meine Fingerabdrücke scannen und ein Paßfoto machen lassen. Aber das geht alles lautlos und sehr schnell. Mir ist zwar ziemlich unwohl dabei, aber ich habe keine andere Chance einzureisen. Naja, mein Weg durch dieses Land wird lückenlos nachvollziehbar sein.
Mit dieser Stadt sind so viele Symbole, Erwartungen, Vorurteile und Zuschreibungen verbunden, aber ich habe überhaupt keine Vorstellungen, was mich hier wirklich erwartet.
Wir kommen spät am Abend an, die Empfangshalle des Flughafenterminals kommt mir sehr klein und ruhig vor, ich hatte irgendwie mehr Trubel und internationales Flair erwartet. Unser Hotel liegt in Queens und es gibt einen Bus dorthin. Im Bus kann man nur mit Münzen bezahlen. Wir haben nur Dollarscheine, aber der Busfahrer winkt uns einfach durch. Wir fahren ca. 10 Minuten über das Fughafengelände bis wir auf der Straße nach Queens sind.
Die Gegend hier ist sehr dunkel, sieht sehr ärmlich, verlassen und ziemlich runtergekommen aus. Ich hoffe sehr, dass ich hier nicht aussteigen muß. Die Leute, die in den Bus einsteigen entsprechen jedem Klischee, ich komme mir vor, als ob ich live eines dieser Musik Videos sehe.
Meine Nachbarin, total durchgestylt, telefoniert und ißt die ganze Zeit, zwischendrin bearbeitet sie ihre langen, bunten Fingernägel. Ich frage sie nach der Straße, in der das Hotel liegt, aber sie kann mir leider keine Auskunft geben. Stattdessen steht sie auf und fragt den Busfahrer. Der guckt etwas ungläubig in unsere Richtung, fragt nochmal nach, wo wir hin wollen und bedeutet uns, sitzen zu bleiben, bis er uns ein Zeichen gibt. Also gut, wir werden schon irgendwie ins Hotel kommen. Nach einer ganzen Weile hält der Busfahrer an und bedeutet uns auszusteigen. Die Gegend sieht nicht wirklich vertrauenserweckend aus. Der Busfahrer kann wahrscheinlich meine Gedanken ahnen. Er klopft mir auf die Schulter und erklärt mir, die Gegend ist nicht so toll, die Leute sind o.k. und das Hotel ist erst im letzten Herbst eröffnet worden. Wir sollen nur um die Ecke gehen, dann würden wir das Hotel schon sehen. Und tatsächlich, das Hotel (Ramada, immerhin) ist ein nagelneues Hochhaus, ein Leuchtturm in dieser Gegend. Wir werden sehr freundlich begrüßt und sind froh, endlich da zu sein.
Das Zimmer ist klein, alles nagelneu und das Bett ist riesig. Genauer gesagt, das Bett ist hoch, es hat ein hohes Bettgestell und darauf liegt eine ca. 30 cm hohe Matraze, zusammen ist es ungefähr einen Meter hoch. Ich muß hineinklettern, sehr ungewöhnlich :-). An der Wand ein großer Flachbildschirm, Internet natürlich per WLAN und kostenlos (wie übrigens in der gesamten Stadt!), Kaffeemaschine, Bügeleisen und Bügelbrett. Eine Ausstattung, die jedes Hotel hat, in welchem ich in den nächsten 10 Tagen in den USA übernachten werde.
Es ist Winter in New York, das heißt, es weht ein eisiger Wind und die Temperaturen liegen tagsüber knapp über Null Grad Celsius. Als wir am nächsten Morgen beim “Frühstück” sitzen, kündigt der Wettermann im Fernsehen einen Blizzard und leichten Schneefall für den Abend an. Wir machen uns natürlich darüber lustig und nachdem wir sehr amerikanisch gefrühstückt haben, machen wir uns auf den Weg nach Manhattan. Mit der Subway fahren wir bis zum Rockefeller Center. Das Center ist riesig, wir irren ein wenig umher, treffen auf ganz viele Leute, denn heute, am Sonntag findet der “Climb to the top” statt, ein Wettbewerb, den der gewinnt, der es am schnellsten zu Fuß bis nach ganz oben schafft. Vor dem Center ist eine Eislaufbahn aufgebaut und es wimmelt von Leuten, die in eisiger Kälte Schlittschuh laufen. Mir ist, als ob ich diese Szenen schon hundertmal gesehen habe, in irgendwelchen Filmen, aber es ist doch ganz anders. Breite Straßen, gesäumt von riesigen Häusern, die teilweise in den Himmel ragen und die eine Art Windkanal bilden. Es ist zeitiger Sonntagmorgen und daher noch relativ wenige Menschen unterwegs. Wir laufen vom Rockefeller Center zur Central Station, nebenan zum Chrysler Building (reinstes Art Déco, mein Lieblingsbauwerk in NYC), zur UNO (an diesem Tag leider für Besucher geschlossen), zurück via Tudorcityzur Central Station, um uns aufzuwärmen.
Die Central Station ist ein grandioses Art Déco Bauwerk, mit einer Markthalle (Food Court – hier gibt es alle Leckereien aus der ganzen Welt) im Untergeschoß und feinen Restaurants in den Seitenflügeln (Michael Jordan‘s Steakhouse), privaten Clubs und der großartigen Kulisse der Central Hall. Wenn man von dieser Halle auf die Bahnsteige geht, ist das wie ein Zeitflash. Man befindet sich unmittelbar im Zeitalter der Erfindung der Eisenbahn, nix mehr zu sehen vom Glanz des Art Déco Bauwerks, nur noch rauhe, kalte, graue und ein wenig verlotterte Bahnsteige.
Wir gehen weiter Richtung Empire State Building, gucken in ein paar Seitenstraßen, sehen dort wunderschöne, etwa hundert Jahre alte Häuser, hinter denen neue, moderne Hochäuser stehen. Es sieht aus, als ob die neuen Häuser die alten stützen. Es ist eine Mischung aus Prunk, Macht und Energie.
Das Empire State Building wurde in den letzten Jahren vollständig renoviert. Das Gebäude wurde zwischen 1930/1931, in nur 17 Monaten Bauzeit errichtet, die Bilder des Baus gingen um die Welt. Es ist einfach eine Pracht, man MUSS es besuchen (King Kong war auch dort ;-). Auch wenn die Touristen hier Schlange stehen, wer nicht auf der Aussichtplattform war, war nicht in New York. Schon der Weg hinauf ist aufregend, innerhalb von 45 Sekunden ist man in 60. Etage, dort steigt man um in einen anderen Aufzug und fährt bis zur 84 Etage zur Aussichtsplattform. Die Aussicht ist atemberaubend.
Es ist zwar sehr kalt und das Wetter ein wenig diesig, aber trotzdem, ich bin total fasziniert. New York wird oft verbunden mit Macht, Geld, Einluß, Stil, Kunst, Trends, Hektik, Glamour, einer gewissen Paranoia, Intelligenz, Multikulti und der “vom Tellerwäscher zum Millionär” Story. Diese Stadt hat von allem etwas, aber sie ist auch eine Stadt, wo sehr viel gearbeitet wird, eine Stadt, die sich permanent zu verändern scheint, eine Stadt mit einem riesigen Umweltproblem, eine Stadt, die jedem die Möglichkeit gibt, etwas zu machen, zu unternehmen, Unternehmer zu werden und wenn man erfolgreich ist, wird man gefeiert, zumindest für den Augenblick. Und die Leute sind überaus freundlich, offen, hilfsbereit und sehr pragmatisch.
Wir laufen weiter, die berühmte 5th Avenue entlang, den Broadway, durch little Italy, streifen Chinatown bis wir schließlich im Financial District ankommen und vor der New Yorker Börse stehen, auf die die gesamte Welt derzeit mit Hoffnung, Angst und Argwohn schaut. Natürlich, wir gehen zum Ground Zero und nach einem Tag herumlaufen in dieser Stadt, verstehe ich noch viel weniger, was Menschen dazu brachte, diese Zerstörung anzurichten. Ich kann mir jetzt aber die viel zitierte Hilfsbereitschaft und die zum Heldentum stilisierte Aufopferung der Feuerwehrleute New Yorks in dieser Situation vorstellen.
Ach ja, die Feuerwehr. Überall in der Stadt, vor jedem Gebäude findet man wahnwitzige Hydrantenanschlüsse für die Feuerwehr. Mindestens 5 mal täglich sieht man eine Feuerwehr mit allem, was leuchten und Krach machen kann und wehender US-Flagge durch die Straßen fahren. Egal, wo man gerade ist. Ich habe nie einen Brand gesehen.
(Mein Hotelzimmer hier in Washington ist ca. 15 Quadratmeter groß und hat 2 Rauchmelder im Zimmer, zwei im Bad und einen im Kleiderschrank.)
Wir beenden den Tag am Pier 17, am Ufer der Brooklyn Bridge. Es ist inzwischen dunkel, die Stadt ist erleuchtet, es wuselt und wimmelt, New York scheint wirklich nie zu schlafen.
Wir fahren mit der Subway zum Hotel zurück und als wir nach einer Stunde aussteigen, fängt es tatsächlich an zu schneien.
In unserem Zimmer ist es eiskalt. Der Wind pfeift durch das Fenster herein, die Wände sind nicht isoliert, ich bin beinahe tiefgefroren. Wir drehen die kombinierte Klima- und Heizungsanlage voll auf. Wirklich regulieren kann man hier nix, entweder voll auf oder zu, egal ob Warmwasser oder Heizung. Das wäre ein großer Markt für energiesparendes Bauen!
Am nächsten Morgen liegt New York unter einer dreißig Zentimeter dicken Schneedecke begraben und ist kurz davor, den nationalen Notstand auszurufen. Es sind 12 Grad unter Null und es weht ein eisiger Wind. Der angekündigte Blizzard ist da. Die New Yorker Schulen bleiben geschlossen, im Foyer des Hotels herrscht Panik und jeder schaufelt eimerweise Tausalz vor die Türen. Beinahe jedes kommunale Fahrzeug hat eine Schaufel am Bug um den Schnee von der Straße zu räumen. Alle sind hoffnungslos überfordert. Für europäische Verhältnisse ist es ein ganz normaler Wintertag.
Wir gehen ins MoMa, das Museum of Modern Art. Es liegt in der 5th Avenue und wir müssen uns nicht anstrengen, den ganzen Tag darin zu verbringen. Es ist so wunderbar inspirierend, kreativ, offen, total abgedreht, nett, Internet überall, Fotografieren erwünscht. Nach 7 Stunden verlassen wir das Museum und haben es gerade so geschafft, uns alles anzuschauen.
Leider haben wir keine Zeit mehr, ins Guggenheim Museum zu gehen, denn wir fahren am nächsten Tag nach Washington.
Das Guggenheim Museum guck ich mir beim nächsten Besuch an, auch die UNO und den Times Square, und dann gehe ich in die MET und in den Central Park.
Wir nehmen den Bus nach Washington DC, weil wir so mehr von der Umgebung sehen. Die Abfahrt ist in Chinatown. In einem kahlen Gebäude sitzt ein Chinese hinter einer Glaswand, kaut an einem Burger und verkauft die Tickets, nur gegen Cash, versteht sich. Für 20 Dollar pro Person fahren wir von NYC nach Washington DC. Die Busfahrerin, eine kleine, drahtige und sehr energische Frau hat einen rasanten Fahrstil. Der Bus ist nur mäßig besetzt, warm und komfortabel.
Wir brauchen eine halbe Stunde, bis wir die Stadt verlassen haben und fahren eine weitere halbe Stunde an Kraftwerksanlagen, riesigen Kohlehalden und Tanklagern vorbei. Die Kraftwerke sind in Dampfwolken eingehüllt, das gesamte Gelände sieht aus wie bei Jules Verne, zumindest erinnert nichts an das angeblich reichste Land der Welt, wenn man hier durchfährt. Es ist eine riesige Energievernichtungsmaschinerie. Ich bin mir sicher, wenn man das hier alles modernisieren, die Gebäude isolieren und energetisch optimieren würde und statt Plastikgeschirr in den Hotels, Restaurants, Imbissbuden, Diner’s richtiges Geschirr verwenden würde, Amerika (und die Welt) hätten kein solches Energieproblem. Ich bin fassunglos ob dieser Verschwendung auf Kosten anderer Menschen und der Natur.
Irgendwann kommen wir in Philadelphia an, wo wir den Bus wechseln müssen. Die Silhouette der Stadt sieht wirklich aus wie im gleichnamigen Film, die Vororte und Industrieanlagen auch.
Der Bus, in den wir umsteigen müssen, ist knackevoll, das Klo auch und ist irgendwie übergelaufen. Der Bus ist total beheizt, es stinkt erbärmlich, in den hinteren Reihen haben sich die Fahrgäste Tücher vor die Nase gebunden. Das mache ich auch bald während wir so auf den scheinbar endlosen Highways weiterfahren, schlafe ich ein und wache erst am Ortseingang von Washington DC wieder auf.